Kanon Verlag - Horns Erben
© Literarischer Herbst Leipzig, Gert Mothes
Ludwig Lohmann © Luisa Voita
Lotti Mischke © Privat

Der Verlag

Der Verlag wurde 2020 vom ehemaligen Aufbau- und Ullstein-Verleger Gunnar Cynybulk sowie einem Kreis erfahrener Literaturenthusiast:innen gegründet. Gestartet in Berlin-Steglitz, bezog Kanon im Juni 2022 Verlagsräume in der Belziger Str. 35 in Berlin-Schöneberg. Im selben Jahr wurde der junge Verlag für den Berliner Verlagspreis nominiert.

Der Verlagsname bezeichnet nicht nur eine Liste an Büchern, die man gelesen haben soll. »Kanon« stammt aus der Sprache der Baumeister und meint das richtige Maß, die sinnvolle Bemessung. Doch welches Maß ist noch richtig geeicht in einer flüssigen Zeit? Jedenfalls nicht das der Konsumgesellschaft, des Literaturpatriarchats oder des opportunen Diskurses. Anderseits nennen wir den vielstimmigen Gesang einen Kanon: »Hejo, spann den Wagen an.« Daher steht Kanon für Stimmigkeit und Vielstimmigkeit.

Das Verlagssignet ist der Affe, wir sind #diemitdemaffen. Kafka, Harari oder kürzlich El Ouassil/Karig meinen, dass wir, die Menschen, lediglich erzählende Primaten seien. Nur die Fähigkeit zur Fiktion unterscheide uns von unseren nächsten Verwandten. Das gilt im Guten wie im Schlechten. Unsere Gedanken- und Wortgebäude können zu Gulags, Lagern und Krieg führen. Doch wenn sie wohlbemessen und human sind, schaffen sie freien Raum für kritisches Denken und offenes Fühlen. Daran erinnert uns unser lebhaftes Wappentier.

Die Autor:innen sind der Verlag. Wer ernsthaft schreibt, will komplexe, verstörende Zeitströmungen mit den Mitteln der Kunst begreifen. Wer ernsthaft schreibt, begreift, selbst eine komplexe, verstörende Zeiterscheinung zu sein. Wer ernsthaft verlegt, lässt sich darauf ein und orientiert sich am Integren und nicht am Manipulativen, vertraut auf die Suche statt die fertige Meinung, will Genauigkeit statt Kitsch. Daher fördern wir Erzähler:innen, die unter den Mainstream und nach anderen Gründen tauchen. Die wie Katharina Volckmer, Christine Koschmieder oder Bov Bjerg über Körper, Scham und Familientabus schreiben; die wie Kirsty Bell oder Rebecca Donner von außen die deutsche Geschichte neu betrachten; die wie Domenico Müllensiefen, Juliane Stückrad oder Lutz Rathenow vom entwerteten Leben und Arbeiten im Osten erzählen. Die dänische Bestsellerautorin Stine Pilgaard beansprucht unser Zwerchfell, während Manfred Krug und Lyonel Feininger in ihren Briefen und Tagebucheintragungen Zeugnisse ihrer Zeit ablegen.

Die Mitarbeiter:innen sind der Verlag. Alle klassischen Verlagsabteilungen wie etwa Herstellung, Vertrieb oder Presse sind durch Expert:innen mit langjähriger Berufserfahrung und großer Leidenschaft für unsere Bücher besetzt. Die Programmverantwortung liegt bei Verleger Gunnar Cynybulk, für Marketing und Veranstaltungen ist Ludwig Lohmann verantwortlich, das Lektorat liegt bei Lotti Mischke. Ein zehnköpfiges Team erfahrener Handelsvertreter:innen bereist den gesamten DACH-Raum, Auslieferungen in Deutschland (Prolit), Schweiz (Buchzentrum) und Österreich (MOHR MORAWA) bestücken den Handel von der gut sortierten Kiezbuchhandlung bis hin zum Filialisten.

Schöne Bücher herzustellen ist uns ein Anliegen. Der verkürzte Buchumschlag und der bedruckte Buchkörper sind, neben dem Affen und dem Verlagsnamen, unsere Markenzeichen. Die Vorstellung, dass ein Kunstwerk zwischen Ordnung und Wildheit entsteht, setzt unsere Artdirektorin Anke Fesel immer wieder treffend um. Einige unserer Umschläge werden von Daniel Klotz auf einem alten Heidelberger Cylinder gedruckt. Der Typograph Marco Stölk bringt den Satz ins rechte Maß, und die Druckerei Pustet in Regensburg vollendet diese stetige Verschönerung dank leicht getöntem Werkdruckpapier, Kapital- und Lesebändchen.

Unser Programm muss überschaubar bleiben, damit wir uns jedem Buch intensiv widmen können, im Lektorat oder in der Vermittlung. Zurzeit erscheinen bei Kanon etwa ein Dutzend pro Jahr, davon etwa acht belletristische Bücher und vier aus den Bereichen Erzählendes Sachbuch, Tagebuch oder Briefe. Mindestens ein deutschsprachiges Erzähldebüt pro Jahr ist neben internationalen Titeln zu finden. Mit deren Übertragung betrauen wir preisgekrönte Übersetzer:innen, etwa Hinrich Schmidt-Henkel, Milena Adam oder Pieke Biermann. Unter einem „Buch“ verstehen wir die vielgestaltige Form einer guten Geschichte, die als E-Book, Bühnenstück, Filmvorlage oder Auslandslizenz von uns angeboten oder verfügbar gemacht wird.

Das eigene Hörbuchprogramm unterscheidet uns von anderen unabhängigen Verlagen. Pro Halbjahr produzieren wir zwei ungekürzte Lesungen, die zeitgleich zum gedruckten Buch als physische und digitale Hörfassungen erscheinen. Wir versuchen, exzellente und authentische Sprecher:innen zu engagieren, die sich mit den eingelesenen Inhalten identifizieren. Wenn – wie im Fall von Caroline Peters oder Joy Denalane – Popularität hinzukommt, verstärken die Audiobooks auch die Wahrnehmung der Bücher.

Sichtbarkeit herzustellen ist wesentlich, gerade für Independents. Kanon möchte sein Publikum erreichen, wo immer es sich befindet. Wir wollen Büchermanufaktur und zugleich modern sein. NetGalley, Performance-Marketing oder Präsenz in den sozialen Netzwerken gehören ebenso dazu wie klassische Pressearbeit, Veranstaltungen und ein traditioneller Vertrieb.«

»Ein feiner Verlag.«

Jan Drees, Deutschlandfunk

»Wenn diesem Anfang kein Zauber innewohnt, ist uns nicht mehr zu helfen.«
Nils Kahlefendt, Börsenblatt

»Ein Kanon in der Musik ist eine Komposition, bei der eine Stimme nach der anderen einsetzt, um im Augenblick der Polyphonie schließlich ein neues Ganzes zu werden. In der Literatur meint Kanon hingegen die Zusammenstellung einzelner Werke, denen ein besonderer Wert zugeschrieben wird, der wie auch immer über die Zeit hinausweist. Es zeugt also von einer gewissen gewitzten Ambition nicht nur in herausfordernden Zeiten wie diesen, wenn der ehe­malige langjährige Lektor und Geschäftsführer des Aufbau-Verlags, Gunnar Cynybulk, wie unlängst geschehen, einen Verlag gründet, den er Kanon nennt.«
Sandra Kegel, FAZ

Gunnar Cynybulk ©Thomas Victor